Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e. V.

Tonaufnahmen bayerischer Ortsnamen

                                   
                Mitwirkende beim Projekt zur Erfassung der mundartlichen Form
                                         der Ortsnamen in Bayern gesucht

Wer kennt noch Ortsnamen wie „Fraunoiding“, „Gewekin“, „Huading“, „Schaafes“ oder „Surim“ in seiner Region? Das Wissen um die mundartliche Form der Ortsnamen geht zunehmend verloren und nicht jeder der jüngeren Generation weiß noch, dass sich dahinter Frauenneuharting (Lkr. Ebersberg), Hohen- und Niedergebraching (Lkr. Regensburg), Hutthurm (Lkr. Passau), Scheinfeld (Lkr. Neustadt a.d. Aisch-Bad Winds- heim) und Surheim (Lkr. Berchtesgadener Land) verbergen.

Am 1. Dezember 2020 hat ein Projekt zur „Erfassung der mundartlichen Form der (bislang noch nicht erfassten) Ortsnamen in Bayern“ begonnen, das ausführlich in der Schöneren Heimat 2021, Heft 1, vorgestellt wurde. Das Kooperationsprojekt der Kommission für bayerische Landesgeschichte (KBL) bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des Verbands für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern (VOF) wird vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen und für Heimat gefördert. Bis November 2024 hat es zum Ziel, eine flächendeckende mundartliche Ortsnamenerfassung vorzunehmen, diese mit bisher stattgefundenen Sprach- aufnahmen zusammenzuführen und online zur Verfügung zu stellen. Dabei werden nicht nur amtliche, sondern auch nicht amtliche Orte sowie auf- und abgegangene Siedlungen aufgenommen.

Seit Projektbeginn wurden viele Kreis- und Ortsheimatpfleger sowie Geschichtsvereine unterschiedlichster Ausprägung über das Projekt informiert und es haben sich bereits zahlreiche Interessenten gefunden. Viele Menschen haben sich dazu bereit erklärt, als Gewährspersonen zu fungieren und dem Projekt ihre Stimme zu leihen. Diese Mundartsprecher gilt es nun zu besuchen und in einem strukturierten Gespräch über die Ortsnamen der Heimatregion Tonaufnahmen anzufertigen. Wie dies abläuft, zeigt ein anschaulicher Bericht in der Sendung „Schwaben & Altbayern“ im BR-Fernsehen, der in der BR-Mediathek aufgerufen werden kann (Suchbegriff: „Rettung alter Ortsnamen“).

Was macht ein Explorator?

Für das Projekt werden alteingesessene Mundartsprecher aufgesucht und Sprachaufnahmen der ursprünglich gebräuchlichen Ortsnamen angefertigt. Hierzu sind keine „Experten“ oder „Profis“ gesucht – vom Studenten bis zur Rentnerin ist aktuell alles vertreten. Jeder, der im Rahmen des Projekts Tonaufnahmen anfertigt, wird für diese Aufgabe geschult und erhält z. B. Listen der noch fehlenden Ortsnamen, topographische Karten sowie Hinweise zur Aufnahmesituation und Gesprächsführung. Die Aufnahmetermine werden eigenständig vereinbart und jeder Explorator ist flexibel unterwegs. Außerdem wird die Tätigkeit vergütet und auch die Fahrtkosten werden übernommen. Die Aufnahmeregion orientiert sich an Gemeindegrenzen und wird gemeinsam nach persönlichen Präferenzen und zeitlichem Aufwand festgelegt. So sind einerseits Exploratoren im Einsatz, die gesamte Landkreise bearbeiten, andererseits werden aber auch Werkverträge für einige wenige Gemeinden vergeben. Damit wird gewährleistet, dass jeder, der möchte, niederschwellig mitwirken kann.

Zum Stand der Erfassung in den einzelnen Bezirken:

Unterfranken
Vollständig abgedeckt ist aktuell nur der Landkreis Rhön-Grabfeld. Für die Landkreise Miltenberg und Kitzingen gibt es bereits Interessenten. Ansonsten sind einzelne bis mehrere Gemeinden vergeben.

Mittelfranken
In Mittelfranken hat sich bislang leider noch kein Explorator finden lassen. Einzig für den Landkreis Erlangen-Höchstadt gibt es eine Interessentin.

Oberfranken
In fast allen oberfränkischen Landkreisen finden Aufnahmen statt: Nur für Forchheim sind noch ein Explorator und interessierte Gewährspersonen zu finden.

Oberpfalz
Der Landkreis Cham sowie ein Großteil von Tirschenreuth sind bereits erfasst. Zudem werden Stadt und Landkreis Regensburg bearbeitet. Einzelne Gemeinden in den Kreisen Neustadt a. d. Waldnaab, Weiden i. d. Oberpfalz, Amberg-Sulzbach, Schwandorf und Neumarkt i. d. Oberpfalz wurden ebenfalls aufgenommen. Groß- flächige Arbeiten stehen hier jedoch noch aus.

Niederbayern
In Niederbayern sind zwei Exploratorinnen und ein Explorator unterwegs, die alle Landkreise abdecken. Die Mithilfe von mundartsprechenden Gewährspersonen ist immer gern gesehen.

Oberbayern
Zu Weilheim-Schongau, Garmisch-Partenkirchen sowie zu Teilen von Landsberg a. Lech, Bad Tölz-Wolfratshausen und Dachau liegen bereits Tonaufnahmen der Ortsnamen vor. Aktuell komplett aufgenommen werden Eichstätt, Ingolstadt und Mühldorf am Inn, außerdem große Teile der Landkreise Altötting, Rosenheim und Ebersberg. Erste Gespräche fanden statt in Neuburg-Schrobenhausen, Traunstein und dem Berchtesgadener Land. In folgenden Landkreisen sind noch Exploratoren zu finden: Neuburg-Schrobenhausen, Pfaffenhofen a. d. Ilm, Freising, Fürstenfeldbruck, Landsberg a. Lech, München, Erding, Miesbach, Traunstein und Berchtesgadener Land.

Schwaben
Schwaben wurde in einem eigenen Projekt bereits bearbeitet, wobei allerdings nur die amtlichen Orte erfasst wurden. Hier sind also allerorts noch Nacherhebungen von jeweils den wenigen nicht amtlichen Orts- sowie Wüstungsnamen erforderlich.

Ausblick
Nur durch die aktive Mithilfe vieler Interessierter, die dazu bereit sind, Tonaufnahmen anzufertigen, kann es gelingen, bis ins Jahr 2024 von allen rund 58.000 bayerischen Ortsnamen eine Sprachaufnahme zu erhalten und diese der Öffentlichkeit zu präsentieren. Es sollte uns allen ein Anliegen sein, dass wir Sprachzeugnisse von Albaching bis Ziegelsham – oder anders gesagt: von „Oewich“ bis „Gsuigsham“ – bewahren.

Vielleicht kennen Sie Personen, die Interesse an einer Mitwirkung haben oder möchten sogar selbst Aufnahmen anfertigen – dann melden Sie sich gerne unter mundartformen@kbl.badw.de
Dorothea Hutterer und Sarah Rathgeb

Schönere Heimat 2022 | Heft 3