Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e. V.

Der Verband

 

Geschichte des Verbandes für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e.V.

Bereits 1908 plante der „Bayerische Landesverein für Heimatschutz“ eine Aktion um die vom Vergessen bedrohten Flurnamen aufzuzeichnen, scheiterte aber damit. Am 1. September 1920 wurde dann durch Oberlehrer Remigius Vollmann (1861-1928) und viele Engagierte in München der "Verband für Flurnamensammlung in Bayern e.V." gegründet. Die Väter des Verbandes waren besonders Lehrer und Wissenschaftler aus ganz Bayern (einschließlich der damals noch dazu gehörigen Pfalz), die sich zum Ziel gesetzt hatten, die Flurnamen in zu bewahren. Den Vorsitz übernahmen nach Vollmann die Germanistikprofessoren Dr. Friedrich von der Leyen (1873-1966) und Dr. Carl von Kraus (1868-1952) und schließlich 1931 der Namenforscher Prof. Dr. Joseph Schnetz (1872-1952).

1936 wurde wegen der notwendigen Erweiterung der Aufgabenbereiche, auch um der Publizierung von Forschungsergebnissen Rechnung zu tragen, die Umbenennung in „Verband für Flurnamenforschung in Bayern e.V.“ beschlossen. Die Flurnamensammlung galt bei Kriegsbeginn 1939 in mehreren Regierungsbezirken schon als abgeschlossen. Allerdings war der Stand sehr unterschiedlich. Während in Oberfranken und Schwaben von fast allen Gemeinden Flurnamensammlungen vorlagen, waren diese für Niederbayern nur sehr spärlich und in schlechter Qualität vorhanden.

Nach Kriegsverlusten, die hauptsächlich die eigens aufbewahrten Karten betrafen, wurde besonders durch den damaligen Ministerpräsidenten und dann Innenminister Dr. Wilhelm Hoegner die Flurnamensammlung von staatlicher Seite durch Aufrufe ideell unterstützt, wobei allerdings die Erfolge begrenzt blieben. In den folgenden Jahrzehnten schwand das Interesse merklich.

Nachfolger von Schnetz wurden 1952 der Germanist Prof. Dr. Otto Basler und 1955 der Namenforscher Prof. Dr. Karl Puchner (1907-1981), der Direktor des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und Generaldirektor der Archive war. Auf ihn folgte von 1968 bis zu seinem Tod 1976 der Oberlehrer Josef Huber.

Am 30. März 1977 erfolgte mit dem Vorsitz von Dr. Wolf-Armin Frhr. von Reitzenstein eine Umstrukturierung des Vereins. Da sich die Unterstützung der Siedlungsnamenforschung als immer dringlicher erwies wurde die Umbenennung in „Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e.V.“ beschlossen. Es wurden auch wieder die Bemühungen verstärkt, Flurnamensammlungen anlegen zu lassen und an den Hochschulen entsprechendes Wissen zu vermitteln.

Der Verband ist seitdem verstärkt durch ehrenamtliches Engagement mit staatlicher Unterstützung tätig. Er ist seit seiner Gründung als gemeinnützig anerkannt.

Bayern ist das einzige Bundesland, in dem die Namenforschung nicht in erster Linie von staatlichen Institutionen (meist Archiven, Hochschulen, Forschungsstellen) betrieben wird. Hier hat nach dem Prinzip der Subsidiarität der „Verband für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e.V.“ die Aufgaben der Bewahrung und Erforschung von Namen übernommen. Der Verband verfolgt mit Unterstützung des Freistaates Bayern und von Bezirken sowie Kommunen gemäß seiner Satzung von 1977 hauptsächlich folgende Zwecke:

"... die bayerischen Flurnamen zu sammeln und wissenschaftlich auszuwerten. Außerdem das Wissen um die Orts- und Flurnamen fördern." ( § 2)


Dr. Wolf-Armin Frhr. von Reitzenstein und Dr. Reinhard Bauer beim Festakt in der Münchner Residenz 2016

Aufnahme in das immaterielle UNESCO Kulturerbe

Der Verband beschloss auf seiner Jahreshauptversammlung des Jahres 2015, zu beantragen, dass die Flur- und Hausnamen in Bayern in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen werden. Die Bedeutung der Örtlichkeitsnamen sollte dadurch betont und ihr Schutz und ihre Erhaltung gefördert werden.

Nach Begutachtung durch die dafür zuständige wissenschaftliche Jury wurde „die Bemühungen des „Verbandes für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern“ zur Erforschung und Dokumentation von Flur- und Hausnamen in Bayern 2016 durch das MInisterium in das nationale Register Guter Praxisbeispiele in Bayern aufgenommen. Wissenschaftsminister Ludwig Spaenle hob die Bedeutung gelebter Kulturpflege hervor: „Die Erhaltung unseres immateriellen Kulturerbes ist eine Aufgabe, der sich viele, zumeist ehrenamtliche Mitbürgerinnen und Mitbürger verschrieben haben. Ich freue mich sehr, dass dieses Engagement durch die Aufnahme in das nationale Register guter Praxisbeispiele nun exemplarisch ausgezeichnet wurde.“

In einem Festakt in der Münchner Residenz wurde die Arbeit des Verbandes vorgestellt und gewürdigt.

Anschließend wurde die „Erforschung und Dokumentation von Flur- und Hausnamen in Bayern“ 2016 von der deutschen UNESCO-Kommission auch ins deutsche Register Guter Praxisbeispiele der Erhaltung immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

„Ziel des Registers Guter Praxisbeispiele ist die Verbreitung von erfolgreichen und innovativen Programmen, Projekten und Tätigkeiten zur Erhaltung immateriellen Kulturerbes, die den Grundsätzen und Zielen des UNESCO--Übereinkommens in besonderer Weise entsprechen. Dadurch soll eine nachhaltige Praxis zur Pflege des immateriellen Kulturerbes gefördert und modellhafte Beispiele sichtbar gemacht werden. Unter "Guten Praxisbeispielen" sind deshalb keine kulturellen Ausdrucksformen, sondern spezifische Erhaltungs- und Entwicklungsprogramme zu verstehen, die zum Nachahmen anregen sollen.“

Eine Kurzdarstellung ist im Internet zu finden

 



Ehrungen

Dr. Wolf-Armin Freiherr v. Reitzenstein wurde im Oktober 2015 der Bayerische Verdienstorden verliehen.

In der Begründung wurde u. a. ausgeführt:

Seine wissenschaftlich sehr detaillierten und klar nachvollziehbaren Arbeiten, die ausnahmslos auf intensiven Quellenstudien in ganz Europa basieren, verdienen größte Anerkennung. In seiner mehr als drei Jahrzehnte währenden Amtszeit als 1. Vorsitzender des Verbandes für Orts- und Flurnamenforschung in Bayern e. V. hat er sich herausragende Verdienste erworben. Jahrzehntelang ist er auch Herausgeber mehrerer wissenschaftlicher Veröffentlichungen im Bereich der Namenforschung, wirkt zudem aktiv beim Arbeitskreis für Namenforschung mit und hält Vorträge bei den Kongressen des International Committee for Onomastic Sciences (ICOS), in das er als Vertreter Bayerns gewählt wurde. Um die Arbeit am Historischen Ortsnamenbuch von Bayern zu unterstützen, wurde er 1987 zum ordentlichen Mitglied der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt. Seit Anfang der 1970er Jahre nimmt Dr. von Reitzenstein jedes Semester an der LMU München einen Lehrauftrag zur Namenforschung wahr. Als Höhepunkt seiner jahrzehntelangen Forschungen veröffentlichte er das dreibändige „Lexikon bayerischer Ortsnamen“ und setzte damit wichtige Maßstäbe für die Erforschung der Geschichte Bayerns. Durch sein vielfältiges ehrenamtliches Engagement in diversen Gremien, seine zahllosen Publikationen und seine regelmäßigen Lehrveranstaltungen hat Dr. von Reitzenstein wesentlich dazu beigetragen, die wissenschaftliche Forschung der Geschichte der Orts- und Flurnamen in Bayern weit über die Landesgrenzen hinaus fest zu etablieren und ihnen eine solide Verankerung innerhalb der Landes- und Lokalgeschichtsschreibung zu verschaffen.

 Außerdem erhielt er von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften für seine wissenschaftlichen Leistungen im Dezember 2015 den „Akademiepreis" mit nachfolgender Begründung verliehen:

Wolf-Armin Frhr. v. Reitzenstein, geb. 1940 in München, ist seit drei Jahrzehnten die bekannteste Persönlichkeit der Orts-, Flur- und Personennamenforschung in Bayern. Von einem Gymnasiallehrer in München konnte man das eigentlich nicht erwarten. Doch schon mit seiner Promotion „Untersuchungen zur römischen Ortsnamengebung“ (1970) hat er, neben dem Beruf, einen spezifisch wissenschaftlichen Weg eingeschlagen. Er betrieb dann über Jahrzehnte die historische Ortsnamenforschung, stets auf geschichtlicher und germanistischer Quellenbasis und in kritischer Methode. Mit sieben Monographien und über 100 Beiträgen in Zeitschriften und Sammelwerken sowie vielen Rezensionen steht jetzt ein höchst eindrucksvolles Werk vor uns. Besonders bekannt wurden seine drei Lexika, die die Ortsnamen Bayerns gründlich und allgemein verständlich aufschlüsseln. Noch wichtiger erscheint seine Bedeutung für die Fachdiskussion der Namenkunde, der Landes- und Kulturgeschichte. Hier hat er nicht nur durch seine vielen, oft überraschenden Namendeutungen Einfluss gehabt, er war auch über Jahrzehnte Vorsitzender des Verbandes der Orts- und Flurnamenforschung in Bayern. An vielen Tagungen, auch im Ausland, nahm er teil, bei nicht wenigen wissenschaftlichen Kontroversen ist sein Wort von Gewicht. Deshalb wurde er 1987 zum Mitglied der Kommission für bayerische Landesgeschichte gewählt, wo er bald die Abteilung „Ortsnamenbuch Altbayern“ übernahm. Seit über 40 Jahren nimmt er zudem einen Lehrauftrag an der Universität München wahr. Angesichts der großen Begeisterung und des hohen Eifers des Geehrten dürfen wir zuversichtlich auf weitere Arbeiten von ihm zur Ortsnamenforschung hoffen.